1. Halbjahr 2013 - Halbjahresergebnis von Strukturkrise der europäischen Stahlindustrie belastet – Programm „Salzgitter AG 2015“ generiert 200 Mio. € Ergebnispotenzial p.a.

14.08.2013 | Salzgitter AG


1. Halbjahr 2013 - Halbjahresergebnis von Strukturkrise der europäischen Stahlindustrie belastet – Programm „Salzgitter AG 2015“ generiert 200 Mio. € Ergebnispotenzial p.a.

Im ersten Halbjahr 2013 war die Geschäftsentwicklung des Salzgitter-Konzerns spürbar von der Strukturkrise der europäischen Stahlindustrie geprägt. Ein extrem verschärfter Wettbewerb, der aus der fortdauernden Unterauslastung zahlreicher südeuropäischer Produzenten resultiert, drückt die erzielbaren Absatzpreise für die meisten Walzstahlerzeugnisse unter deren Herstellkosten. Dabei sind die von der Bauindustrie verarbeiteten Profilstahlprodukte am härtesten betroffen. In diesem Umfeld verzeichnete der Unternehmensbereich Stahl einen hohen Verlust, der maßgeblich eine Abschreibung auf das Anlagevermögen der Peiner Träger GmbH (PTG) umfasst. Sie war aufgrund der anhaltend unbefriedigenden Ertragsaussichten des Trägergeschäfts erforderlich. Zusätzliche Ergebnisbelastungen ergaben sich aus einem eklatanten Auftragsmangel im Großrohrgeschäft des Röhrensegments.

Der Konzern-Außenumsatz ging um 7 % auf 4.977,3 Mio. € zurück (1. Hj. 2012: 5.378,5 Mio. €). Hauptursache war die unerfreuliche Erlösentwicklung bei Walzstahlprodukten. Die -298,7 Mio. € Ergebnis vor Steuern (1. Hj. 2012: -17,9 Mio. €) enthalten 185,0 Mio. € Abschreibungen auf das PTG-Anlagevermögen (Impairment) sowie 54,2 Mio. € negativen Nachsteuer-Ergebnisbeitrag der at equity einbezogenen 25 %-Beteiligung an der Aurubis AG (1. Hj. 2012: +34,6 Mio. €). Das Nachsteuerresultat betrug -315,2 Mio. € (1. Hj. 2012: -22,5 Mio. €). Hieraus errechnen sich -5,87 € unverwässertes Ergebnis pro Aktie (1. Hj. 2012: -0,46 €) sowie -13,3 % Verzinsung des eingesetzten Kapitals (ROCE) (1. Hj. 2012: 0,4 %).

Der Salzgitter-Konzern verfügt mit einer Eigenkapitalquote von 39 % sowie 375 Mio. € Nettofinanzposition nach wie vor über eine durchaus solide finanzielle Basis zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen.

Programm "Salzgitter AG 2015"

Um auch unter den erschwerten Rahmenbedingungen von Märkten und Wettbewerb eine akzeptable Ergebnisperformance zu erreichen, wurde im Herbst 2012 das Restrukturierungsprogramm "Salzgitter AG 2015" initiiert. Mittlerweile ist eine Vielzahl konkreter Maßnahmen zur Verbesserung der Aufbau- und Ablauforganisation definiert worden, die nun zur Umsetzung anstehen oder sich bereits in Realisierung befinden. So investiert die Salzgitter Flachstahl GmbH 70 Mio. € in den Bau einer Kohleeinblasanlage, um die Kosten der Metallurgie zu reduzieren. Unter den derzeitigen Gegebenheiten ergäbe sich eine Amortisationszeit von nur zwei Jahren. Das insgesamt identifizierte und mit Projekten unterlegte Ergebnisverbesserungspotenzial im Konzern beläuft sich auf über 200 Mio. € p.a. Es resultiert zu etwas mehr als der Hälfte aus der Weiterentwicklung technischer Prozesse sowie aus Initiativen in den Bereichen Logistik, Beschaffung und Datenverarbeitung; zum anderen aus einer Personalreduzierung oberhalb von 1.500 Stellen. Für die personalbezogenen Maßnahmen ist zwischen dem Unternehmen, dem Konzernbetriebsrat und der IG Metall eine als "Zukunftsvertrag" bezeichnete Rahmenvereinbarung verhandelt worden, deren formaler Abschluss in Kürze erfolgen soll. Die Reorganisation hat neben notwendigen kapazitiven Anpassungen und Straffungen von überwiegend administrativen Prozessabläufen zum Ziel, die Innovations- und Kundenorientierung des Konzerns und seiner Gesellschaften spürbar zu stärken.

Entwicklung der Unternehmensbereiche

Die Gesellschaften des Unternehmensbereiches Stahl standen im Berichtszeitraum unter erheblichstem Wettbewerbsdruck und verzeichneten unbefriedigende, tendenziell sogar rückläufige Erlöse, obwohl die mengenmäßige Nachfrage bei Flachstahl stabil und für Grobblech sogar besser war. Im Profilstahlbereich war der Orderzulauf geringer und extrem volatil. Der Walzstahlversand übertraf seinen Vergleichswert geringfügig. Der Außenumsatz nahm wegen der schwachen Absatzpreise um 5 % auf 1.334,4 Mio. € (1. Hj. 2012: 1.406,8 Mio. €) ab. Von den 75,5 Mio. € operativen Vorsteuerverlust sind allein rund 60 % dem Profistahlproduzenten PTG zuzurechnen. Auch die Salzgitter Flachstahl GmbH und die HSP Hoesch Spundwand und Profil GmbH wiesen negative Ergebnisse aus. Inklusive 185,0 Mio. € Abschreibungen auf das Anlagevermögen der PTG (Impairment) betrug das Vorsteuerresultat des Stahlsegments -260,5 Mio. € (1. Hj. 2012: -97,8 Mio. €).

Der Absatz des Unternehmensbereiches Handel bewegte sich dank sehr guter Mengen des internationalen Tradings etwa auf Höhe des Vergleichszeitraumes. Dagegen unterschritt der Außenumsatz die Werte der ersten sechs Monate 2012 wegen des niedrigeren Preisniveaus signifikant (2.031,5 Mio. €; 1. Hj. 2012: 2.398,4 Mio. €). Das Segment erzielte vorzeigbare 19,6 Mio. € Gewinn vor Steuern (1. Hj. 2012: 27,6 Mio. €).

Nach dem schwierigen Jahresauftakt hat sich die Auftragslage des Unternehmensbereiches Röhren nicht verbessert. Sowohl im Großrohrbereich als auch bei der Salzgitter Mannesmann Precision-Gruppe wurde Kurzarbeit eingeführt. Der Absatz des ersten Halbjahres 2013 kam leicht unterhalb des Levels des Vorjahres aus, da höhere Großrohrmengen den geringeren Versand an Präzis- und HFI geschweißten Rohren nicht ausgleichen konnten.

Der Außenumsatz rangierte mit 820,7 Mio. € etwas über dem Vergleichswert (1. Hj. 2012: 790,5 Mio. €). Vor allem aufgrund der unbefriedigenden Auftrags- und Beschäftigungslage der europäischen Großrohrwerke verbuchte der Unternehmensbereich Röhren 25,0 Mio. € Vorsteuerverlust (1. Hj. 2012: 8,3 Mio. € Gewinn vor Steuern). Der Außenumsatz des Unternehmensbereiches Dienstleistungen in Höhe von 204,4 Mio. € war geringer als im Vergleichszeitraum 2012 (1. Hj.2012: 212,2 Mio. €). Die Division verfehlte mit 4,3 Mio. € das Vorsteuerresultat der Vorjahresperiode merklich (1. Hj. 2012: 10,2 Mio. €), was insbesondere auf die geringere Beschäftigung von Dienstleistern für die Stahlproduktion zurückzuführen ist.

Der Unternehmensbereich Technologie entwickelte sich weiter erfreulich, da das Restrukturierungsprogramm "Fit4Future" nachhaltige Wirkung zeigt. Mit der Buchung herausragender Großprojekte übertrafen die Auftragseingänge das Vorjahresniveau deutlich. Auch der Außenumsatz legte zu (568,4 Mio. €; 1. Hj. 2012: 548,5 Mio. €). Das Segment erwirtschaftete 5,6 Mio. € Gewinn vor Steuern und hat damit das Resultat gegenüber dem ersten Halbjahr 2012 (2,6 Mio. €) mehr als verdoppelt.

Der im Wesentlichen vom Halbzeuggeschäft mit Konzernfremden generierte Außenumsatz des Bereiches Sonstiges/Konsolidierung verringerte sich im ersten Halbjahr 2013 auf 18,0 Mio. € (1. Hj. 2012: 22,0 Mio. €). Das Vorsteuerresultat betrug -42,7 Mio. € (1. Hj. 2012: 31,1 Mio. €). Hierin sind -54,2 Mio. € Nachsteuerergebnis der at equity einbezogenen Beteiligung an der Aurubis AG (1. Hj. 2012: 34,6 Mio. €) enthalten. Im Ergebnis der Aurubis AG hatten sich zum 30. Juni 2013 stichtagsbezogene, negative Effekte aus der Marktbewertung von Metallpreis-Absicherungsgeschäften sowie der Bewertung des Vorratsvermögens niedergeschlagen. Die Preise für Kupfer und andere Metalle waren im zweiten Quartal spürbar gefallen.

Der Innenumsatz des Salzgitter-Konzerns legte in der Berichtsperiode auf 1.521,9 Mio. € zu (1. Hj. 2012: 1.472,6 Mio. €).

Prognose

Eine durchgreifende wirtschaftliche Erholung der Eurozone ist nach wie vor nicht erkennbar. Dementsprechend dürften sich die Rahmenbedingungen für die Geschäftsaktivitäten des Salzgitter-Konzerns in den kommenden Monaten nicht wesentlich verbessern. Aus diesem Grunde konzentrieren wir uns prioritär auf die Umsetzung der internen Projekte zur Sicherstellung der mittel- bis langfristigen Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns im Zuge des Programms "Salzgitter AG 2015".

Eine Wiederbelebung der Bautätigkeit in Südeuropa sowie ein nennenswerter Aufschwung der Automobilmärkte in der EU sind kurz- bis mittelfristig nicht erkennbar. Daher dürfte die Kluft zwischen den nord- und südeuropäischen Stahlmärkten hinsichtlich Nachfrage und Angebot bestehen bleiben, sodass sich die hohe Wettbewerbsintensität sowie der daraus abgeleitete Preisdruck fortsetzen werden. Da nicht zu erwarten ist, dass die Rohstoffkosten wesentlich zur Entlastung beitragen, antizipiert der Unternehmensbereich Stahl für das Gesamtjahr 2013 rückläufige Umsätze sowie ein klar negatives Ergebnis vor Steuern.

Die Handelssparte prognostiziert für das internationale Trading in den kommenden Monaten eine Normalisierung des zuletzt sehr lebhaften Projektgeschäfts, während im lagerhaltenden Handel infolge einer möglichen zyklischen Nachfragebelebung bei stabilerer Preissituation Ergebnischancen gesehen werden. Bei leicht sinkendem Umsatz erscheint ein zweistelliger Millionengewinn weiterhin realisierbar.

Die seit Beginn des zweiten Quartals bestehende, erhebliche Unterbeschäftigung im europäischen Großrohrgeschäft des Unternehmensbereiches Röhren wird im weiteren Jahresverlauf andauern. Somit wird die Kurzarbeit voraussichtlich bis Ende des Jahres bestehen bleiben. Bei den HFI-geschweißten Rohren sowie im Präzisrohrsegment ist nicht mit einer signifikanten Stärkung des Bestellvolumens zu rechnen. Der Bereich nahtlose Edelstahlrohre dürfte hingegen seine gute Performance fortsetzen. Insgesamt werden für das Geschäftsjahr 2013 allenfalls stabile Umsätze sowie ein Vorsteuerverlust im mittleren bis oberen zweistelligen Millionen Euro Bereich erwartet.

Das Dienstleistungssegment prognostiziert Umsätze auf Vorjahresniveau und eine Reduzierung des Gewinns vor Steuern gegenüber 2012.

Der Unternehmensbereich Technologie geht angesichts der weiterhin guten Auslastung von einer Fortdauer der positiven Umsatz- und Ergebnisentwicklung aus. Unterstützend hierbei wird das 2011 eingeleitete und seitdem konsequent realisierte "Fit4Future"-Programm der KHS-Gruppe wirken.

Aufgrund der stichtagsbezogenen negativen Bewertungseffekte im Ergebnis der Aurubis AG zum 30. Juni 2013 besteht das Risiko, dass deren Ergebnisbeitrag für das Salzgitter-Konzernergebnis im Gesamtgeschäftsjahr nicht in der ursprünglich erwarteten Größenordnung ausfallen könnte. Die Marktpreisentwicklung für Kupfer und andere Metalle wird hierfür ausschlaggebend sein.

Die negativen Ergebniseinflüsse im Abschluss des ersten Halbjahres 2013 und der zu erwartende operative Geschäftsverlauf erforderten eine Anpassung der Ergebnisprognose. Der Salzgitter-Konzern erwartet nunmehr für das Geschäftsjahr 2013 einen gegenüber dem Vorjahr geringfügig niedrigeren Umsatz sowie ein negatives Ergebnis vor Steuern in der Größenordnung von 400 Mio. €. Wie bereits angekündigt, werden gegebenenfalls noch - zunächst belastende - Einmaleffekte aus der Umsetzung des Konzernprojektes "Salzgitter AG 2015" hinzukommen.

Wir weisen darauf hin, dass Chancen und Risiken aus aktuell nicht absehbaren Erlös-, Vormaterialpreis- und Beschäftigungsentwicklungen sowie Veränderungen von Währungsparitäten den Verlauf der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres 2013 erheblich beeinflussen können. Die hieraus resultierende Schwankungsbreite des Konzernergebnisses vor Steuern kann ein beträchtliches Ausmaß sowohl in negativer als auch positiver Richtung annehmen. Die Dimension dessen wird deutlich, wenn man unterstellt, dass bei für den Rest des Geschäftsjahres noch etwa 6 Mio. t abzusetzenden Stahlerzeugnissen der Unternehmensbereiche Stahl, Handel und Röhren im Schnitt 20 € Margenverlust pro Tonne bereits ausreichen, um 120 Mio. € Ergebnisvarianz zu verursachen. Darüber hinaus begrenzen Volatilitäten sowie kürzere Vertragslaufzeiten sowohl auf der Beschaffungs- als auch auf der Absatzseite die Planungssicherheit des Unternehmens.

Disclaimer:Einige der in dieser Mitteilung gemachten Aussagen haben den Charakter von Prognosen bzw. können als solche interpretiert werden. Sie sind nach bestem Wissen und Gewissen erstellt und gelten naturgemäß unter der Voraussetzung, dass keine unvorhersehbare Verschlechterung der Konjunktur und der spezifischen Marktlage für die Gesellschaften in den Unternehmensbereichen eintritt, sondern sich die Grundlagen der Planungen und Vorschauen in dem Umfang und dem zeitlichen Rahmen wie erwartet als zutreffend erweisen. Die Gesellschaft übernimmt - unbeschadet bestehender gesetzlicher, insbesondere kapitalmarktrechtlicher Anforderungen - keine Verpflichtung, vorausblickende Aussagen, die ausschließlich auf den Umständen am Tag der Veröffentlichung basieren, laufend zu aktualisieren.