Sauergasbeständig bei minus 60 Grad Celsius

15.11.2012 | Salzgitter AG


Sauergasbeständig bei minus 60 Grad Celsius

Extreme Umgebungseinflüsse verlangen nach extrem beständigen Materialien. Die Salzgitter Flachstahl hat gemeinsam mit der Salzgitter Mannesmann Line Pipe GmbH einen Werkstoff entwickelt, der für Tieftemperaturen bei gleichzeitiger Sauergasbeständigkeit bis -60 Grad Celsius geeignet ist.

Erdgas wird in Zukunft als Alternative zur Atomenergie noch größere Bedeutung erhalten als heute. Um das Gas an den Verbraucher zu bringen, werden sehr lange Transportleitungen benötigt.

Die weltweiten Lagerstätten sind allerdings begrenzt. Leicht auszubeutende Reservoirs, die besonders sauber, groß oder für Bohraggregate gut zugänglich gelegen waren, sind zunehmend erschöpft. Die Energiekonzerne sind daher gezwungen, Alternativen zu erkunden.

Erdgas ist eine Mischung aus Methan und verschiedenen anderen Gasen wie Kohlendioxid, Stickstoff, höheren Kohlenwasserstoffen und in manchen Lagerstätten auch Schwefelwasserstoff. Bei Gehalten von weniger als einem Prozent Schwefelwasserstoff spricht man von „schwach-saurem“ Gas, bei höheren Gehalten von „Sauergas“. Ist kein Schwefelwasserstoff enthalten, handelt es sich um „Süßgas“.

Die leicht zugänglichen Lager an Süßgas sind erschöpft, so dass man vermehrt sauere Erdgase fördern, transportieren und speichern muss.

Im Gegensatz zum süßgas- kennzeichnet sich sauergasfähiges Material durch einen sehr niedrigen Schwefelgehalt von max. 0,001% bei gleichzeitig niedrigen Gehalten an Mangan und Kohlenstoff. Damit werden jedoch zwangsläufig auch die erreichbaren Festigkeiten eingeschränkt, so dass vielfach nur Werkstoffe bis X65MS nach API 5L mit Mindestzugfestigkeiten von 535 MPa im Markt verfügbar sind. Aktuell wird bereits an X70MS-Material mit Festigkeiten ab 570 MPa gearbeitet.
Mit der Konzernschwester Salzgitter Mannesmann Linepipe GmbH wurden einige Analysen für Sauergasrohre abgestimmt und probeweise geliefert. Für die Erzeugung dieses hoch anspruchsvollen Materials werden besondere Prozesstechniken des Stahlwerks der Salzgitter Flachstahl genutzt.
Im Rahmen der Freigabeprüfungen werden bei Sauergasgüten besonders umfangreiche Tests durchgeführt. Dies sind sog. SSC- und HIC-Prüfungen, bei denen die Stahlproben für eine definierte Dauer einer sauren Atmosphäre mit einem festgelegten pH-Wert ausgesetzt werden. Im Anschluss werden die Proben in Schliffen oder durch Sichtprüfung gemäß international gängigen Kriterien beurteilt.

Die an die Salzgitter Mannesmann Linepipe GmbH gelieferten Proben bestanden das anspruchsvolle Testprogramm komplett. Die Sauergasbeständigkeit soll künftig daher auf weitere Güten übertragen werden. Parallel erfolgt die Entwicklung von nicht sauergasbeständigen Tieftemperaturstählen.