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Page 18 - STIL 4 2020
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 Dieser Stahlträger wurde in der Presse mit einer Kraft von bis zu 600 t in Form gebracht. Die Krümmung ist so genau kalkuliert, dass die berechnete Trag- und Verkehrslast nach dem Einbau den Träger wieder exakt gerade biegen wird
Warum ist der Träger krumm? Und warum ist der daneben mit Bolzen gespickt? Der Laie staunt, und
der Fachmann lächelt. Und ein
Experte ist Mike Schrader in jeder Hinsicht: als Produktmanager Anarbeitung Langprodukte des Salzgitter Mannesmann Stahlhandels (SMSD) auf dem Betriebsgelände der Peiner Träger GmbH (PTG). Die laienhafte Frage nach dem Bananen- und dem Igel-Träger beantwortet er mit einem Schmunzeln: Der Träger ist krumm, damit er im Gebrauch gerade bleibt – er ist für ein Parkhaus vorgesehen, wo er sich wieder begradigen wird, sobald das Gewicht der Bau- und Verkehrslast auf ihm ruht. Und der andere Träger wird sich bald mit seinen Stacheln irgendwo in den Beton krallen – die pilzförmigen Kopfbolzen sind Anker im Stahlverbundbau. „Solche überwiegend für Stahl- hochbauten und Brückenkonstruktionen verwen- deten Verbundträger sind unser Hauptgeschäft“, berichtet Mike Schrader.
Dies sind nur zwei Beispiele für das, was die
60 Mitarbeiter in der Europahalle auf dem PTG- Werkgelände täglich anarbeiten: „Wir schweißen, sägen, bohren, biegen, schneiden, schleifen und beschichten das Material“, erzählt Mike Schrader. „Wir können hier bis zu 40 m lange Träger an- arbeiten, das leistet nicht jeder Anbieter.“
Das Parkhaus in Lyon ist eine typische An- wendung, aber auch im Anlagen-, Brücken- und Industriebau sind die „Peiner“ gefragt, wie man die Stahlträger schon seit Jahrzehnten auf vielen Baustellen nennt.
Die Nähe zur PTG bietet dabei einen unermess- lichen Vorteil. Denn die „Anarbeiter“ können direkt auf die Träger aus der Produktion zugrei- fen. So wird in der Regel auch nur von der PTG produziertes Material verwendet. Die restliche Versorgung erfolgt nach dem Prinzip der „offenen
Läger“. „Eventuelle Bedarfe decken wir dann aus unserem Bestand im Handel. Aber nur, wenn das unbedingt nötig ist, lassen wir Material per Lkw nach Peine transportieren“, sagt Mike Schrader.
Die Aufträge für die Anarbeitung stammen in der Regel von Bau- und Stahlbauunternehmen. Aber auch Abnehmer wie zum Beispiel die Deut- sche Bahn gehören zu den Endkunden. Manche Träger legen dabei sehr weite Wege zurück: Gerade arbeiten die Passendmacher von Peine an mäch- tigen, 6,5 t schweren Stahlträgern, an denen viele Teile angesetzt sowie Bohrungen und Ausschnitte vorgenommen werden müssen. Sie sind für den Bau eines Schiffsanlegers in Norwegen vorgesehen.
Damit die konfektionierten Träger beim Einbau auch wirklich passen, senden die Kunden dafür ihre Vorgaben. Einige schicken bis ins Detail aus- gearbeitete Feinzeichnungen bzw. Werkstattpläne, andere Handskizzen mit den Angaben für Län- gen, Dicken, Breiten und Winkel. Zur Abnahme kommen die Kunden oft nach Peine, damit kein Material unnötig durchs Land transportiert wird. „Unsere Träger passen aber eigentlich immer“, versichert Mike Schrader.
Gelegentlich, wenn kein Standardträger den technischen Erfordernissen entspricht, werden Träger erst zusammengeschweißt. So zum Beispiel die Kranbahnträger für das Grobblechwerk
der Salzgitter AG in Ilsenburg. Diese Spezialträger werden in Peine aus Brennzuschnitten (Grob- blechen) geschweißt, beschichtet und zu Modulen zusammengebaut. Da stellt sich die Frage: Ist das noch Anarbeitung oder schon Stahlbau? Mike Schrader winkt ab: „Mit unserer Anarbeitung verfolgen wir das Ziel, die Kompetenzen der Stahlbaufirmen zu erweitern, aber nicht, zu ihnen in Konkurrenz zu treten.“ Und über Kompetenz, Know-how sowie die nötigen Maschinen verfügt die Anarbeitung in Peine ohne Zweifel.
   Die Anarbeitung ist zwar im Werk der Peiner Träger GmbH beheimatet, aber eine Abteilung der Salzgitter Mannesmann Stahlhandel GmbH
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Fotos: Carsten Brand



















































































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