Page 33 - STIL 2 2024
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  Fotos: istock©lbrix
 Wie flog das „Pilum“ (römischer Wurfspeer)? Nachbauten wie diese liefern Erkenntnisse über die Eigenschaften der Waffe
9. bis 8. Jahrhundert v. Chr., der in Portugal gefun- den worden war. Damit gelang den Wissenschaft- lern der indirekte Nachweis der frühesten Stahlnut- zung auf der iberischen Halbinsel.
In einem anderen Experiment rekonstruierte ein Team von Archäologen die Eisengewinnung und Stahlproduktion der Kelten im Siegerland während der jüngeren Eisenzeit (ca. 400 v. Chr. bis zur Zei- tenwende). Sie erzeugten in einem Verhüttungs- ofen, der anhand von Ausgrabungen rekonstruiert werden konnte, Schlacke und Luppen (Stahl). Wahr- scheinlich wurde in diesen größten Verhüttungs- öfen ihrer Epoche pro Verhüttungsvorgang bis zu 100 kg Stahl hergestellt.
Wissenschaftler wie Dr. Marcus Junkelmann, der römische Legionäre noch mehrfach aufmarschie- ren ließ, verhalfen mit ihren Versuchen dem Spezi- algebiet der Experimentalarchäologie zu einem hohen Stellenwert. Auch Dr. Bastian Asmus, ein gelernter Kunstgießer und Fachmann für Archäo-
metallurgie, hat sich der Erforschung historischer Herstellungsprozesse verschrieben. In seiner Werk- statt analysierte er nicht nur den iberischen Stahl zur Stelenbearbeitung, sondern rekonstruierte auch anhand eines Fragments aus der Burgruine Lichtenberg in Salzgitter eine spätmittelalterliche Hakenbüchse. Der Nachbau der Handfeuerwaffe schoss im Experiment tadellos und ist heute im Mu- seum Schloss Salder in Salzgitter zu sehen.
Unvergessen ist auch Manfred Sachse. Der vor zwei Jahren verstorbene Klingenschmied rekonstruierte römische und germanische Schwerter, orientali- sche Säbel und Sachsklingen aus der Zeit Karls des Großen und war zu Lebzeiten einer der letzten hauptberuflichen Damaszenerstahlschmiede Euro- pas. Wie vor Jahrhunderten fertigte er die unver- wechselbar gemusterten Klingen aus vielen Lagen weichen und harten Stahls, die obendrein verdreht wurden. Ein Verfahren, das Wissen, Geduld und har- te Arbeit erforderte – Eigenschaften, ohne die die experimentelle Archäologie nicht auskommt.
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